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07.12.2012 10:15
Wahnsinn mit Methode - EU-Kommission will europaweit Löhne senken
Lohnkürzungen, Entlassungen, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen – die Menschen in Europas Krisenländern trifft die Kürzungspolitik hart. Der Mindestlohn in Griechenland wurde z.B. um 22 %, bei Jugendlichen sogar um 33 % gesenkt. Die Auflagen der Troika haben hier die Arbeitskosten zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer massiv gesenkt (siehe Grafik). Doch auch Beschäftigte anderer Länder sind bedroht: Im Schatten der Krise arbeitet die EU-Kommission an einem Abbau der Arbeitnehmerrechte in ganz Europa.. [Quellen: nds.de | dgb.de]  JWD

Selbst die in Deutschland und anderen EU-Ländern verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie nimmt Brüssel ins Visier – also das Recht von Beschäftigten und Gewerkschaften, Löhne und Arbeitsbedingungen frei von staatlichem Einfluss auszuhandeln. Die europäischen Verträge legen zu Recht fest, dass die EU in Fragen des Arbeitsentgelts keine Kompetenz hat. Zu unterschiedlich sind die Arbeitssysteme innerhalb der EU.

Dennoch mischt sich die EU-Kommission seit Ausbruch der Krise in der Eurozone immer stärker in die Belange der Tarifpartner ein. Ihr Ziel: Die Löhne sollen in ganz Europa sinken oder langsamer steigen. Je besser die Bedingungen für die Arbeitgeberseite, desto „beschäftigungsfreundlicher“ die Politik, so das Motto. Die wirtschaftspolitische Abteilung der Kommission hat jüngst konkret aufgelistet, was sie für „beschäftigungsfreundlich“ hält: „Reformen“, die den Geltungsbereich von Tarifverträgen reduzieren, die Tarifverhandlungen zunehmend auf die betriebliche Ebene verlagern und die – so wörtlich -„insgesamt zu einer geringeren Verhandlungsmacht der Gewerkschaften führen“.

Seit einigen Jahren sorgt die EU-Politik für wachsenden Druck auf Gewerkschaften und Löhne. Mit dem Euro-Plus-Pakt verpflichteten sich die EU-Staaten dazu, die Lohnkosten nur langsam steigen zu lassen. Auch der Grad der Zentralisierung von Lohnverhandlungen soll „überprüft“, also verringert werden. Der Maßstab für die Lohnentwicklung wäre dann nicht mehr die gesamtwirtschaftliche, sondern die betriebliche Produktivität. Flächentarifverträge sollen durch betriebliche Abkommen ersetzt werden.

Das Kalkül dahinter: Zusammenhalt und Macht der Beschäftigten schwächen und niedrigere Lohnabschlüsse erzwingen. Mit dem „Mechanismus gegen Makroökonomische Ungleichgewichte“ wurden per Gesetz Obergrenzen für die Lohnstückkosten festgelegt: Steigen die Löhne in einem Land nach Ansicht der EU-Kommission zu schnell und unternimmt die jeweilige Regierung nichts dagegen, drohen hohe Geldstrafen.

Diese Politik wird jetzt fortgesetzt: eine „tripartite Lohnbeobachtungsgruppe“ – bestehend aus Arbeitgebern, Kommission und Gewerkschaften – soll nun die Lohnpolitik der EU-Mitgliedsstaaten „koordinieren“. Für die Gewerkschaften aber gilt: Die Tarifautonomie muss verteidigt werden. Wenn die Kommission künftig über Lohnhöhe und Arbeitsbedingungen mitbestimmt, freuen sich allenfalls Aktionäre und Arbeitgeber. Der Großteil der Menschen würde hingegen unter sinkenden Einkommen leiden.

Link zum Artikel bei ' nds.de '  ..hier  |  Originaltext (PDF) ..hier


Anmerkung: Um endlich konkurrenzfähig zu sein, bleibt für die neoliberale Brut noch ein wenig Handlungsbedarf, bis in Europa überall Arbeitsverhältnisse wie in Bangladesch hergestellt sind.


Passend zum Thema:

07.12.2012
Elend wird verdrängt
Knapp ein Viertel der EU-Bürger von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. In der Öffentlichkeit nimmt man das kaum zur Kenntnis. [Quelle: Junge Welt ..hier]


Kontrastprogramm: Wirtschaftspolitik könnte auch menschendienlich sein:

Artikel vom 22.11.2012
Heiner Flassbeck – Deutschland braucht höhere Löhne
Verbessern die kriselnden Euro-Länder wie erhofft ihre Wettbewerbsfähigkeit, wird der deutsche Export einbrechen. Nur die Inlandsnachfrage kann dann noch helfen. Erstaunlich, dass der Sachverständigenrat dieses Thema links liegen lässt Euroland ist in der Rezession. Da hat sich der deutsche Sachverständigenrat (SVR) gedacht, es sei wohl besser, die Zahl, die Europas Misere am klarsten charakterisiert, erst gar nicht in seinem neuen Gutachten zu erwähnen. ..mehr

 
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