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10.01.2013 17:15
Die Zerstörung südeuropäischer Volkswirtschaften war nur ein Rechenfehler -
kann ja mal vorkommen
Der Chefökonom des IWF Oliver Blanchard will erkannt
haben, wie es zu der zerstörerischen Austeritätspolitik gegenüber
hilfsbedürftigen südeuropäischen Staaten kommen konnte. Ein falscher
Fiskalmultiplikator war schuld. Über diese Eselsbrücke versucht er jetzt, die
für das finanzpolische Desaster Mitverantwortlichen auf einen weniger sumpfigen
Weg zu führen. JWD
Der Währungsfond (IWF) habe die negativen Effekte das Austeritätspolitik auf die
Wirtschaftsleistung deutlich unterschätzt. Zentral verantwortlich sei der
sogenannte “fiskalische Multiplikator”, der den Effekt staatlicher
Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen auf das Wirtschaftswachstum misst. Der
IWF habe diesen Faktor in der Vergangenheit immer wieder unterschätzt räumt der
Chefökonom Blanchard jetzt ein. Davon betroffen seien neben anderen
Krisenstaaten auch Griechenland.
Wenn die Wirtschaftsleistung fällt, sinken auch die Steuereinnahmen und die
Staatsausgaben steigen, was am Ende die Schulden nach oben treibt: Firmen gehen
pleite, Menschen verlieren ihren Job und müssen Arbeitslosen- und Sozialhilfe in
Anspruch nehmen.
Die Rolle von Oliver Blanchard ist schwer auszumachen. Immerhin scheint er sich
von seinen Kollegen und Mitstreitern etwas abzuheben. Dies jedenfalls könnte man
aus nachfolgender Veröffentlichung folgern:
01.03.2010 [Frankfurter Rundschau]
Das revolutionäre Papier
Man darf nicht auf den freien Markt vertrauen: IWF-Chefvolkswirt Blanchard legt
ein revolutionäres Papier vor. Es geht darum, das dominante ökonomische
Paradigma, die moderne Neoklassik, zu demontieren, ja abzulösen. [..]
In einem 17-seitigen Paper hatte der Chefvolkswirt des Internationalen
Währungsfonds (IWF) die Grundüberzeugungen seiner Zunft in Frage gestellt
und Vorschläge für eine neue Wirtschaftspolitik gemacht.
Aus Seoul meldete sich Mitte vergangener Woche Jürgen Stark, der Chefvolkswirt
der Europäischen Zentralbank. Er schimpfte den Vorschlag, etwas mehr Inflation
zu wagen, "kontraproduktiv". Das lenke nur vom eigentlichen Problem, der
schwierigen Haushaltslage der Industriestaaten, ab.
Auch Bundesbankpräsident Axel Weber schaltete sich in die "Geisterdebatte"
(Weber) ein und nannte den Vorstoß, das Inflationsziel von zwei auf vier Prozent
anzuheben, "grob fahrlässig und schädlich".
Andere Volkswirte äußerten dagegen Sympathie. Etwa der Kolumnist der New York
Times und Nobelpreisträger Paul Krugman oder Jean-Paul Fitoussi, der
Wirtschaftsberater der französischen Regierung.[..] [Quelle:
fr-online
..hier] |
Zur Person:
Olivier Jean Blanchard (* 27. Dezember 1948 in Amiens, Frankreich) ist Professor
für Volkswirtschaftslehre am Massachusetts Institute of Technology. Er gilt als
Neukeynesianer. Seit September 2008 ist Blanchard Chefökonom des
Internationalen Währungsfonds.
Seine ersten Studienjahre absolvierte er bis 1972 in Frankreich. Im Jahr 1977
erhielt er einen Ph.D. in Wirtschaftswissenschaften vom Massachusetts Institute
of Technology. Nachdem er von 1977 bis 1983 an der Harvard University lehrte,
kehrte er ans MIT zurück, um als Professor für Makroökonomie zu lehren und zu
forschen. Zwischen 1998 und 2003 war Blanchard Vorsitzender der
Wirtschaftswissenschaften am MIT.
Er ist zudem Berater der Federal Reserve Banken in Boston (seit 1995) und New
York (seit 2004). Aktuell sitzt er im französischen Rat der „Wirtschaftsweisen“.
Seit September 2008 ist Blanchard Chefökonom des Internationalen Währungsfonds.
Blanchard sprach sich Anfang 2010 mit dem Grundsatzpapier Wirtschaftspolitik
noch mal neu denken für eine Kursveränderung hin zu einer antizyklischen
Fiskalpolitik aus, um zwangsläufig auftretende Marktinstablititäten
auszugleichen.
[..]
Blanchard hat zahlreiche makroökonomische Forschungsbeiträge und Studien
veröffentlicht und Lehrbücher verfasst (unter anderem Macroeconomics, weltweit
eines der meistverkauften Lehrbücher zu der Thematik). Seine Forschungsgebiete
reichen von den Auswirkungen von Fiskalpolitik auf die ökonomische Entwicklung
und das Entstehen von Spekulationsblasen über die Arbeitslosigkeit in Westeuropa
bis hin zur Einführung der Marktwirtschaft in Osteuropa.
Blanchard besitzt die französische und die amerikanische Staatsbürgerschaft.
[..] [Quelle: Wikipedia
..hier]
Anmerkung: Das alles hört sich gar nicht so schlecht an. Allein in der
IWF-Politik ist davon nichts zu merken. Auch Jens Berger bleibt in seiner
heutigen Analyse zu den aktuellen Äußerungen von Jean Blanchard eher skeptisch
und weist darauf hin, dass der IWF weit davon entfernt scheint, aus seinen
Fehlverhalten Konsequenzen zu ziehen, oder gar Verantwortung übernehmen zu
wollen. Speziell in Deutschland müssten dann Verantwortliche eingestehen, wie
verheerend sich ihre Kahlschlagpolitik für die Allgemeinheit ausgewirkt hat.
Nicht zuletzt deshalb, wird offensichtlich das Thema hierzulande weitgehend ignoriert.
10.01.2013 [nds.de]
Der Irrtum der Euroretter und das Schweigen im Blätterwalde
Die vornehmste Aufgabe der Volkswirtschaftslehre ist es, die Politik zu beraten.
Auf Basis der Beratung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) verordnete
die Politik halb Europa eine selbstmörderische Kürzungspolitik.
Doch das neue Jahr begann mit einem Paukenschlag. Einer der einflussreichsten
Volkswirte, Olivier Blanchard, seines Zeichens Chefökonom des IWF, gibt
plötzlich zu, dass man sich in der Vergangenheit „verrechnet“ habe und die vom
Währungsfonds vorgeschlagene Kürzungspolitik womöglich die aktuelle Krise sogar
noch verschärft. Dieses Eingeständnis stellt die bisherige Politik der
„Euroretter“ komplett in Frage. Eigentlich sollte man nun erwarten, dass
Blanchards Offenbarungseid politisches Tagesgespräch Nummer Eins ist.
Doch weit gefehlt. Der erste SPIEGEL des neuen Jahrs machte nicht mit dem Thema
„Der Irrtum der Euroretter“ auf, sondern fragte sich, ob das männliche
Geschlecht mit der modernen Gesellschaft überfordert sei. Über die neuen
Rechenkunststücke des IWF verliert der SPIEGEL kein Wort. Auch der Tagesschau
war das eingestandene Versagen des IWF keine Meldung wert. Der Dogmatismus der
ökonomischen Debatte hierzulande macht offenbar blind. Von Jens Berger. [..]
Link zum vollständigen bei ' nds.de '
..hier
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