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21.06.2014 00:00
Langfristig sind wir alle tot …
Einige Leser sind erstaunt, dass wir so schnell und so energisch die Piketty-Thesen ablehnen, ohne uns im Detail mit dem Buch auseinanderzusetzen. Man müsse doch, so wird argumentiert, wenigstens die empirischen Ergebnisse angemessen würdigen. Die Frage aber ist, was diese empirischen Ergebnisse überhaupt aussagen können. Pikettys Vorgehen kann nämlich aus methodischen Gründen niemals zu einem vernünftigen Ergebnis führen. [Quelle: flassbeck-economics.de]  JWD

Thomas Piketty benutzt die neoklassische Wachstumstheorie (er nennt das Harrod-Domar-Solow Ansatz) als Basis für seine empirischen Arbeiten. Das Problem ist, dass das, was neoklassische Wachstumstheorie genannt wird, eigentlich keine Theorie ist. Unter „Theorie“ verstehen wir normalerweise eine Erklärung dafür, warum in der Wirklichkeit bestimmte Phänomene zu beobachten sind oder warum bestimmte Phänomene zusammenhängen. Folglich würde man vermuten, dass die Wachstumstheorie versucht, das Wachstum marktwirtschaftlicher Systeme zu erklären. Das aber tut sie gerade nicht.

Die Wachstumstheorie ist eine Kunstlehre, die uns sagt, wie sich ein bestimmtes statisches (in diesem Fall neoklassisches) System entwickeln könnte, wenn es denn dynamisch wäre. Das hat schon grundsätzlich mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Weil aber, wie wir oft gezeigt haben, zudem das zugrundeliegende Modell die Wirklichkeit nicht angemessen beschreibt, ist es vollkommen abwegig zu glauben, dass die Dynamisierung eines solchen Gleichgewichtsmodells eine Aussage über die Entwicklung einer realen Wirtschaft erlaubt. Da beispielsweise in dem zugrundeliegenden statischen Modell das Sparen das Investieren bestimmt (nur wenn man bei einem gegebenen Einkommen auf Konsum verzichtet, bleibt etwas übrig zum Investieren), kann man natürlich fragen, wie viel von einem gegebenen Einkommen Periode für Periode gespart werden muss, um – bei bestimmten gegebenen technischen Voraussetzungen (der Kapitalproduktivität vor allem) – für ein stabiles Wachstum dieses Kunstsystems zu sorgen. Aus den so gefundenen Ergebnissen (Grundtenor: je höher die Sparquote, desto höher die Wachstumsrate) kann man aber gerade nicht ablesen, dass Sparen (im Sinne von Geld aus dem vorhandenen Einkommen zurücklegen) die Voraussetzung von Investieren und Wachsen in der Wirklichkeit ist.

Man kann diese Kunstlehre auch nicht empirisch überprüfen, weil sie ja keine Aussagen über bestimmte zu beobachtende Ereignisse macht. Wenn das Wachstum schwächer wird, also das Einkommen langsamer steigt oder gar sinkt, bleibt völlig offen, woran das liegt. Ex post stellt man dann fest, dass die Investitionen gesunken sind und die Ersparnisse, die ja definitionsgemäß im Nachhinein immer so hoch sein müssen wie die Investitionen. Die Wachstumstheorie führt das gesunkene Wachstum dann auf die gesunkenen Ersparnisse zurück und diese auf eine offenbar gesunkene Sparbereitschaft. Dass es genau umgekehrt gelaufen sein könnte, dass nämlich eine erhöhte Sparbereitschaft zu geringerer Auslastung, diese zu geringerer Investitionstätigkeit und die wiederum zu sinkenden Einkommen geführt haben könnte, wird von vornherein in die Überlegungen nicht mit einbezogen. Ein tautologischer ex post Zusammenhang wird also auf die Ebene einer kausalen Erklärung gehoben, die ex ante sinnvolle Aussagen über die dynamische Entwicklung eines Wirtschaftssystems ermöglichen soll. Wer seine empirischen Untersuchungen auf eine solche “Katze-beißt-sich-in-den-Schwanz-Theorie” aufbaut, kann unserer Ansicht nach zu keinen vernünftigen Schlussfolgerungen gelangen, weil er systematisch nicht die richtigen Fragen an das Meer der Daten stellt. [...]

Weiterlese im Originaltext bei ' flassbeck-ecomomics.de ' ..hier

 
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