01.10.2015 20:30 Die OVKS kommt nach Irak und Syrien
Die Intervention der OVKS [Organisation des Vertrags
über kollektive Sicherheit] gegen den Terrorismus im Irak und
in Syrien ist möglicherweise der Anfang einer auf Zusammenarbeit und
Verteidigung der Bevölkerung beruhenden Weltordnung, oder im Gegenteil, eine
Ost-West-Konfrontation, in der der Westen offen für Terrorismus wäre. Im
Gegensatz zu einer vorgefassten Vorstellung soll dieser Militäreinsatz weniger
dazu dienen, den Irak und Syrien zu verteidigen, als die OVKS-Mitgliedstaaten
selbst. Er ist daher nicht verhandelbar. Die Debatten in der Generalversammlung
der UNO und dem Sicherheitsrat am 30. September werden erlauben, die Reaktion
von Washington und seinen Verbündeten der OVKS zu kennen. In jedem Fall wird
nichts mehr sein wie zuvor. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
Während die westliche Presse weiterhin über eine mögliche russische
Militärunterstützung für Präsident Baschar Al-Assad diskutiert, hat die
Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) beschlossen gegen
den Terrorismus im Irak und in Syrien zu kämpfen.
Es scheint, als hätte der Westen noch immer nicht die Folgen seiner Politik
verstanden.
Eine existenzielle Frage für die OVKS
Beachten wir, dass die OVKS ein klassisches militärisches Bündnis von sechs
ehemaligen Mitgliedern der Sowjetunion ist: Belarus, Russland, Armenien,
Tadschikistan, Kasachstan und Kirgisistan. Im Gegensatz zur NATO und dem
Warschauer Pakt, in denen die Mitgliedstaaten ihre Souveränität verlieren (zum
Vorteil der Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich in der NATO, und
der Sowjetunion im Warschauer-Pakt - was im Widerspruch zu der Charta der
Vereinten Nationen steht), behalten die Mitglieder der OVKS-Staaten ihre volle
Souveränität, setzen nicht ihre Armeen unter das Kommando der wichtigsten Macht
ihre Allianz, und können jederzeit aus dieser Allianz austreten [1].
Aserbaidschan, Georgien und Usbekistan zogen sich aus freiem Willen aus dieser
Organisation zurück, um sich auf GUAM [2] und die NATO zuzuwenden.
Seit den 1980er Jahren – noch vor der Existenz der OVKS-Mitgliedstaaten -
stellen die USA und die NATO ein Raketensystem auf, zunächst gegen die UdSSR
gerichtet, das jetzt die OVKS einkreist. Diese Raketen, die feindliche Raketen
in ihre Start-Phase zerstören sollten, können in Wirklichkeit nur Flugzeuge bei
niedriger Geschwindigkeit treffen und in keinem Fall russische
Überschallflugkörper. Obwohl von dem Pentagon als defensive Waffe dargestellt –
die sie vielleicht ursprünglich wirklich war -, kann dieser
"Anti-Raketen-Schild" daher nur offensive Nutzung haben.
Die OVKS ist die
einzige Gruppe von Staaten der Welt, die von Raketen an ihren Grenzen direkt
bedroht ist.
Seit dem zweiten Weltkrieg erleben die Sowjetunion und dann die Mitgliedsstaaten
der OVKS die Rekrutierung von Muslim-Brüdern durch die CIA und die Verwendung
durch die Vereinigten Staaten einiger ihrer Mitglieder oder ihrer ehemaligen
Mitglieder, um sie zu destabilisieren [3]. So kämpften die Männer von Osama Ben
Laden (durch den Bruder von Sayyid Qutb ausgebildet) und von Ayman al-Zawahiri
(der der Bruderschaft ein Jahr vor der Verhaftung und Hinrichtung von Sayyid
Qutb beigetreten war) gegen die UdSSR in Afghanistan, dann gegen Russland in
Jugoslawien und schließlich auf Russlands Territorium selbst im Kaukasus [4].
Im Jahr 2011 erlebten die OVKS-Mitgliedstaaten eine NATO-Operation, den
"Arabischen Frühling", die feindliche sowie freundliche Regime im Nahen Osten zu
Gunsten der Muslimbruderschaft (Libyen, Ägypten, Tunesien, Syrien) stürzten. Und
ab 2014 sehen sie den Triumph des Ideals der Bruderschaft mit der Proklamation
eines Kalifats, das das Völkerrecht und die Menschenrechte verletzt. Derzeit
belegt dieses Kalifat seine Offiziersposten hauptsächlich mit islamischen
Extremisten der ehemaligen UdSSR, manchmal sogar aus OVKS-Mitgliedsländern.
Am 1. August haben die Ukraine und die Türkei (ein NATO-Mitglied) die Schaffung
einer "Internationalen Islamischen Brigade’ angekündigt, die aus ausgebildeten
Kämpfer der Al-Qaida und Daesh besteht und in Cherson (Ukraine) [5] stationiert
ist. Diese Brigade soll auf der Krim gegen Russland vorgehen.
Mit anderen Worten, wenn sie jetzt nicht sofort gegen den Terrorismus eingreift,
wird die OVKS bald einem äußeren Feind, der NATO und ihre Raketen und einem
inneren Feind, den zunächst von der NATO ausgebildeten Islamisten, begegnen
müssen.
Quelle: voltairenet.org (verlinkt)
Die sechs Staatschefs und der Generalsekretär
der OVKS.
Das Treffen der OVKS in Duschanbe
Am 15. September hielt die OVKS ihre Jahrestagung der Staats-und Regierungschefs
in Duschanbe (Tadschikistan). Wie ich es schon vor einem Monat angekündigt hatte
[6], hat der russische Präsident Wladimir Putin seinen Kollegen Studien von
seinen Armeen über die Möglichkeit vorgelegt, jetzt schon das Kalifat zu
bekämpfen, bevor es noch massiv im Gebiet der OVKS eindringt.
Präsident Putin gelang es, seine Partner davon zu überzeugen, dass er sie nicht
aufforderte, um die Ambitionen Russlands in Syrien zu unterstützen, sondern auf
eine direkte Bedrohung gegen die OVKS zu reagieren.
Letztlich beschloss die OVKS, sich im Irak und in Syrien zu entfalten, um alle
Dschihadisten zu bekämpfen, ob sie nun Daesh oder al-Kaida anerkennen oder
unterstützen. Dies ist völkerrechtlich zulässig, da es den Resolutionen des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus
entspricht. Es verlängert auch die Operation der Koalition, die auch rechtlich
begründet ist, und die von den USA nur gegen Daesh gebildet wurde.
Im Gegensatz zu dieser Koalition pflegt die OVKS jedoch gute Beziehungen sowohl
mit der irakischen als auch der syrischen Regierung, so dass sie eine viel
größere Effizienz erwarten kann.
Um das Eingreifen der OVKS vorzubereiten, wurde ein Luft-Korridor zwischen der
Organisation und Syrien installiert. Er war anfangs über den Balkan vorgesehen,
aber die Verbündeten der Vereinigten Staaten mit Ausnahme von Griechenland waren
dagegen. Dieser Korridor wurde daher über dem Iran und dem Irak installiert. In
weniger als einer Woche wurden sehr große Mengen an Ausrüstung und mehr als
2.000 Mann gesendet. Technisch gesehen hat die OVKS die Fähigkeit, innerhalb von
zwei Wochen bis zu 50.000 Truppen bereitzustellen.
Das Forum der Vereinten Nationen
Aus Effizienz-Gründen und ohne Vorurteil über den guten Glauben oder die
schlechten westlichen Absichten, haben die Staatschefs der OVKS geplant, sich an
die Generalversammlung der Vereinten Nationen (ab dem 28. September) zu wenden,
um die internationale Gemeinschaft aufzurufen, an ihren Anstrengungen gegen den
Terrorismus teilzunehmen.
Darüber hinaus, da Russland den Vorsitz im Sicherheitsrat für den Monat
September innehat, wird Wladimir Putin - der seit einem Jahrzehnt nicht bei den
Vereinten Nationen war - dem Treffen vom 30. September zur Bekämpfung des
Terrorismus im Irak und in Syrien vorsitzen.
Falls die Koalition und die OVKS eine Einigung finden würde, könnten sie
gemeinsame Aktionen durchführen oder sich die Arbeit teilen (den Irak für die
Koalition und Syrien für die OVKS). Andernfalls würden die beiden Organisationen
separate Kampagnen führen, und versuchen sich nicht gegenseitig zu stören.
Aus atlantischer Perspektive wird die OVKS-Kampagne der Arabischen Republik
Syrien profitieren und für die Fortführung des Mandats des gewählten Präsidenten
Baschar Al-Assad sorgen, den die NATO stürzen wollte. Aber es ist falsch zu
behaupten, dass diese Intervention entworfen wurde, um Syrien vor dem Westen zu
retten. In der Tat hatte Präsident Putin während der Vorbereitung der Genfer
Konferenz im Juni 2012 geplant, die OVKS als Friedenskraft bereitzustellen [7].
General Hassan Turkmani, der damalige syrische Präsident des nationalen
Sicherheitsrates, hatte verschiedene Schritte unternommen, um sie zu empfangen.
Jedoch hatte diese Bereitstellung einerseits nicht stattgefunden, weil die
Organisation noch kein Abkommen mit den Vereinten Nationen unterzeichnet hatte
[8] und andererseits, weil zwei Mitglieder der OVKS sich durch die Lage in
Syrien noch nicht direkt bedroht fühlten.
Aus der Sicht der OVKS wird der Vorschlag an den Westen ihn zwingen, seine
Politik zu klären. In der Tat hat die Koalition Anti-Daesh, bis zur
Unterzeichnung des Abkommens zwischen Washington und Teheran, am 14. Juli, weit
entfernt von einer Bekämpfung des Terrorismus, regelmäßige Abwürfe und
umfangreiche Waffenlieferungen an die Dschihadisten getätigt. In den letzten
Wochen aber hat die Koalition tatsächlich Daesh bekämpft. So startete sie Ende
Juli ein Bombardement in Abstimmung mit der syrischen arabischen Armee und ihren
Milizen (der kurdischen YPG und dem militärischen Syrischen Rat), um Hassake zu
verteidigen. Diese Operation, die die Koalition nicht öffentlich angekündigt
hat, erlaubte etwa 3000 Dschihadisten zu beseitigen.
Darüber hinaus hat das Weiße Haus bereits angedeutet, dass es "für taktische und
praktische Diskussionen mit den Russen“ bereit wäre. Das Foreign Office sagte,
sich nicht mehr zu widersetzen, dass "der syrische Präsident für eine
Übergangszeit an der Macht bleibe, wenn dies dazu beitragen kann, den Konflikt
zu lösen“. Der französische Außenminister schloss sich dieser Entwicklung an,
indem er vorschlug, dass er Präsident Al-Assad das Mandat, das ihm von seinem
Volk übertragen wurde, beenden lassen werde und sagte: "Sollte man dem syrischen
Volk sagen, dass Herr Baschar al-Assad die Exekutive in den nächsten 15 Jahren
innehaben wird? Wenn wir das sagen, gibt es keine mögliche Lösung. Zwischen
dieser Aussage und der Forderung eines sofortigen Abtritts von Herrn Baschar
al-Assad, gibt es Raum. Das nennt man Diplomatie. » [9].
Quelle: Voltaire Network TV
Thierry Meyssan kündigt das Eingreifen der OVKS im syrischen Fernsehen an
Folgen der Intervention der OVKS
Im Gegensatz zu einer falschen Idee, die in der Atlantiker Presse grassiert, ist
die Bekämpfung des Terrorismus im Irak und in Syrien nicht Sache von
Jahrzehnten, sondern von ein paar Monaten, vorausgesetzt, dass alle Staaten ihre
heimliche Unterstützung der Dschihadisten aufgeben.
Im Fall einer Uneinigkeit in den Vereinten Nationen wird die westliche Presse
die Aktionen der OVKS unter Hervorhebung der zivilen Opfer verunglimpfen. In der
Tat ist es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht möglich, Terroristen ohne "Kollateralschaden"
auszubomben. Jeder islamistische Führer hat drei "Ehefrauen" und nach deren
Vorbild, mehr und mehr Dschihadisten haben Gefangene gemacht, die sie versklaven
und in "Ehefrauen" verwandelt haben.
Andernfalls sollten wir niemals von diesen Opfern hören, und der Krieg in Syrien
sollte für die orthodoxen Weihnachten zu Ende sein, auch wenn es noch ein gutes
Jahr dauern wird, bis die Situation wieder vollständig im gesamten Gebiet
stabilisiert ist.
Wichtige Punkte:
Die OVKS wird ab Oktober 2015 in Irak und Syrien gegen Individuen
einschreiten, die von den Vereinten Nationen als "Terroristen" klassifiziert
wurden, nämlich al-Kaida, Daesh und gegen alle Gruppen, die mit ihnen verbündet
sind.
Die OVKS versucht nicht, Haider al-Abadi oder Baschar Al-Assad zu helfen,
sondern sie wird direkt durch die Dschihadisten bedroht.
Die Dschihadisten sind nicht imstande lange einer internationalen Allianz zu
widerstehen, wenn diese Syrien und den Irak umfasst.
Die Vereinigten Staaten, die bereits heimlich eine größere Operation gemeinsam
mit der syrischen arabischen Armee in Hassake durchgeführt haben, sind für eine
Vereinbarung mit der OVKS bereit. Ihre britischen und französischen Verbündeten
sind bereit, auf den Sturz der Arabischen Republik Syrien zu verzichten.
Thierry Meyssan |
Übersetzung:
Horst Fröhlich
[1] “Charter of the Collective Security Treaty Organization”, Voltaire Network,
7 October 2002.
[2] Die Guam oder die Organisation für Demokratie und Entwicklung ist ein
Pro-amerikanische Allianz, bestehend aus Georgien, der Ukraine, Aserbaidschan
und Moldawien; vier Staaten, die der NATO beitreten wollen.
[3] A Mosque in Munich. Nazis, the CIA and the rise of the Muslim Brotherhood in
the West, Ian Johnson, Houghton Mifflin Harcourt, 2010. Die vierte Moschee:
Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus, Klett-Cotta, 2011.
[4] Die Muslimbruderschaft wurde von Hassan el-Banna gegründet, der das Kalifat
nach dem Untergang des Osmanischen Reiches wiederherstellen wollte. Die Brüder
präsentieren den Islam sowohl als Religion als auch ein totalitäres politisches
System, unter Ablehnung der spirituellen Dimension beim Lesen des Korans. Sayyid
Qutb theoretisierte den Einsatz von Gewalt, um die Macht zu ergreifen, den
Dschihad. Obwohl die Brüder offiziell nach seinem Tod die Schriften von Qutb
verurteilt haben, bleibt er der Denker innerhalb der Bruderschaft.
[5] „Ukraine und Türkei erstellen eine internationale muslimische Brigade“,
Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 4. August 2015. Mehr Einzelheiten
in: « L’Ukraine et la Turquie créent une Brigade internationale islamique contre
la Russie », par Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 12 août 2015.
[6] „Die russische Armee beginnt sich in Syrien zu engagieren“, von Thierry
Meyssan, Übersetzung Sabine, Neue Rheinische Zeitung (Deutschland), Voltaire
Netzwerk, 24. August 2015.
[7] „Syrien : Wladimir Putin schlägt eine Friedenstruppe der CSTO vor“,
Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 5. Juni 2012.
[8] „Die OTCS wird "blaue Fellmützen" im Auftrag der Vereinten Nationen
bereitstellen können“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 3. Oktober
2012.
[9] « Audition de Laurent Fabius au Sénat sur les minorités persécutées au
Moyen-Orient », par Laurent Fabius, Réseau Voltaire, 9 septembre 2015.
Thierry Meyssan: Französischer Intellektueller, Präsident und Gründer des Réseau
Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über
ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen
Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk : L’Effroyable imposture :
Tome 2, Manipulations et désinformations (hg. JP Bertand, 2007).
02.10.2015 02:10 Vereinigen wir uns gegen
das Al-Kaida- und Daesh-Projekt
Der Konflikt, der Syrien heimsucht, ist kein Bürgerkrieg
zwischen syrischen Gemeinschaften, sondern ein Krieg zwischen zwei
Gesellschaftsprojekten. - Auf der einen Seite ein modernes und säkulares Syrien,
das heißt, eins das ethnische, religiöse und politische Vielfalt respektiert;
auf der anderen Seite die Ideologie der Muslimbrüder, die seit ihrer Gründung im
Jahr 1928 versuchen, das osmanische Kalifat durch den Dschihad
wiederherzustellen. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
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