23.10.2019 00:00 Die neue Welt erscheint vor uns
Thierry Meyssan unterstreicht die extreme Tragweite, nicht etwa des Rückzugs der
USA aus Syrien, sondern des Zusammenbruchs der aktuellen Bezugspunkte der Welt.
Wir treten seiner Ansicht nach in eine kurze Übergangszeit ein, in der die
gegenwärtigen Meister des Spiels, also die "Finanzkapitalisten" — und jene von
ihm so Bezeichneten, die nichts mit dem ursprünglichen Kapitalismus oder dem
ursprünglichen Bankenwesen zu tun haben— zugunsten der von Russland im Jahr 1899
erlassenen Rechtsvorschriften verdrängt werden. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
Von Thierry Meyssan | Voltaire
Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 22. Oktober 2019
Quelle: voltairenet.org (verlinkt)
König Salman begrüßt den
Friedensstifter Wladimir Putin.
s ist ein Moment, den es nur ein- oder zweimal im Jahrhundert gibt. Eine neue
Weltordnung zeichnet sich ab. Alle vorherigen Verweise verschwinden. Jene, die
der Schmach preisgegeben waren, triumphieren, während diejenigen, die regierten,
in die Hölle gestoßen werden. Die offiziellen Erklärungen und Interpretationen
von Journalisten entsprechen eindeutig nicht mehr den Ereignissen, die sich
abspielen. Die Kommentatoren müssen ihren Diskurs so schnell wie möglich ändern,
ihn zur Gänze umkehren, oder sie werden von dem Wirbel der Geschichte
verschlungen.
Im Februar 1943 markierte der sowjetische Sieg über das Nazireich den Wendepunkt
des Zweiten Weltkriegs. Die folgenden Ereignisse waren unvermeidlich. Doch man
musste noch auf die anglo-amerikanische Landung in der Normandie (Juni 1944)
warten, auf die Jalta-Konferenz (Februar 1945), den Selbstmord von Kanzler
Hitler (April 1945) und schließlich auf die Kapitulation des 3. Reiches (8. Mai
1945), um diese neue Welt entstehen zu sehen.
In einem Jahr (Juni 44 bis Mai 45) war das Dritte Reich durch das
sowjetisch-amerikanische Duopol ersetzt worden. Das Vereinigte Königreich und
Frankreich, die zwölf Jahre zuvor noch die beiden ersten Weltmächte waren,
wurden Zeugen der Entkolonialisierung ihrer Imperien.
Es ist ein Moment wie dieser, den wir heute erleben.
Jede historische Periode hat ihr eigenes Wirtschaftssystem und baut einen
politischen Überbau auf, um es zu schützen. Am Ende des Kalten Krieges und der
Auflösung der UdSSR demobilisierte Präsident Bush Sr. eine Million US-Soldaten
und vertraute die Suche nach Wohlstand den Bossen der multinationalen Konzerne
an. Diese verbündeten sich mit Deng Xiaoping und verlegten die US-Arbeitsplätze
nach China, das zur Werkstatt der Welt wurde. Weit davon entfernt, den
US-Bürgern damit Wohlstand zu bieten, heimsten sie ihre Gewinne ein und
verursachten allmählich das langsame Verschwinden der westlichen Mittelschicht.
Im Jahr 2001 finanzierten sie die Anschläge vom 11. September, um dem Pentagon
die Rumsfeld/Cebrowski-Strategie der Zerstörung der staatlichen Strukturen
aufzuzwingen. Präsident Bush Jr. verwandelte dann den "Erweiterten Nahen Osten"
in den Schauplatz eines "endlosen Krieges".
Die Befreiung eines Viertels des syrischen Territoriums innerhalb einer Woche
ist nicht nur der Sieg von Präsident Baschar al-Assad, "der Mann, der seit acht
Jahren gehen muss", sie markiert das Scheitern der militärischen Strategie,
deren Ziel die Vorherrschaft des Finanz-Kapitalismus war. Was unvorstellbar
schien, geschah. Die Weltordnung hat sich vollkommen gewendet. Die weitere Folge
der Ereignisse ist unausweichlich.
Der sehr feierliche, pompöse Empfang von Präsident Wladimir Putin in
Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten zeugt von der
dramatischen Wende der Golfmächte, die nun in das russische Lager umschwenken.
Die ebenso spektakuläre Umverteilung der Karten im Libanon bestraft das gleiche
politische Versagen des Finanzkapitalismus. In einem Dollarland, in dem es seit
einem Monat keine Dollars mehr gibt, wo Banken ihre Geldautomaten schließen und
Bankabhebungen begrenzt sind, sind es nicht die
Anti-Korruptions-Demonstrationen, die den Sturz der alten Ordnung aufhalten
werden.
Die Krämpfe der alten Ordnung breiten sich aus. Ecuadors Präsident Lenin Moreno
schreibt die Volksrevolte gegen die vom Finanzkapitalismus verhängten Maßnahmen
seinem Vorgänger Rafael Correa zu, der im belgischen Exil lebt, und einem Symbol
des Widerstands gegen diese Form der menschlichen Ausbeutung, dem
venezolanischen Präsident Nicolas Maduro, obwohl sie beide keinen Einfluss in
seinem Land haben.
Das Vereinigte Königreich hat bereits seine Spezialeinheiten aus Syrien
abgezogen und versucht, aus dem supranationalen Staat Brüssel (Europäische
Union) herauszukommen. Nachdem es gedacht hatte, den Gemeinsamen Markt (Theresa
Mays Projekt) beizubehalten, beschloss es, mit dem gesamten europäischen
Konstrukt (Boris Johnsons Projekt) zu brechen. Nach den Fehlern von Nicolas
Sarkozy, von François Hollande und Emmanuel Macron verliert Frankreich plötzlich
jegliche Glaubwürdigkeit und jeglichen Einfluss. Donald Trumps Vereinigte
Staaten hören auf, die "unverzichtbare Nation" zu sein, der "Polizist der Welt"
im Dienst des Finanzkapitalismus, um selbst wieder zu einer großen
Wirtschaftsmacht zu werden. Die USA ziehen ihr Atomwaffenarsenal aus der Türkei
ab und bereiten sich auf die Schließung des CentCom in Katar vor. Russland wird
von allen als "Friedensstifter" anerkannt, indem es dem Völkerrecht zum Triumph
verhilft, welches es durch die Einberufung der "Internationalen
Friedenskonferenz" 1899 in Den Haag geschaffen hatte, und deren Grundsätze
seitdem von den Mitgliedern der Nato mit Füssen getreten wurden.
Quelle: voltairenet.org (verlinkt)
Die internationale
Friedenskonferenz von 1899. Es dauerte mehr als ein Jahrhundert, um
ihre Auswirkungen zu verstehen.
So wie der Zweite Weltkrieg dem Völkerbund ein Ende setzte, um die UNO zu
gründen, wird diese neue Welt wahrscheinlich eine neue internationale
Organisation herbeiführen, die auf den Prinzipien der Konferenz des russischen
Zaren Nikolaus II. von 1899 und des französischen Friedens-Nobelpreisträgers
Léon Bourgeois beruht. Dafür muss zunächst die NATO aufgelöst werden, die durch
ihre Expansion im Pazifik versuchen wird, zu überleben, und dann die Europäische
Union, ein Unterschlupf des Finanzkapitalismus.
Man muss verstehen, was hier vor sich geht. Wir treten in eine Übergangsphase
ein. Lenin sagte 1916, der Imperialismus sei die höchste Stufe des Kapitalismus,
die aber mit den beiden Weltkriegen und der Börsenkrise von 1929 verschwand. Die
Welt von heute ist die Welt des Finanzkapitalismus, welche Volkswirtschaften
nach einander zum alleinigen Nutzen der wenigen Superreichen verwüstet. Seine
höchste Stufe bestand darin, die Welt in zwei Teile zu spalten: auf der einen
Seite stabile und globalisierte Länder, auf der anderen Seite Regionen der Welt,
die staatenlos waren und zu bloßen Rohstoffreserven reduziert wurden. Dieses
Modell, das sowohl von Präsident Trump in den Vereinigten Staaten, den
Gelb-Westen in Westeuropa oder von Syrien in der Levante in Frage gestellt wird,
stirbt vor unseren Augen.
Thierry Meyssan
Übersetzung: Horst Frohlich
| Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
Thierry Meyssan: Politischer Berater,
Gründer und Präsident vom Voltaire Netzwerk - Réseau Voltaire. Letztes
französisches Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à Donald Trump.
08.10.2019 15:30
Donald Trump, allein gegen alle
Allein gegen seine Opposition, gegen seine Regierung und gegen seine
Verbündeten, scheint Präsident Trump nicht in der Lage zu sein, seine
Wahlkampfversprechen durchzusetzen. Drei Jahre nach seiner Wahl leitete das
Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ein, weil er gegen die
Korruption seiner Gegner kämpft. - Donald Trumps wichtigstes
Wahlkampfversprechen, Rumsfeld/Cebrowski‘s offensive Militärstrategie zu beenden
und durch eine Jacksonsche Kooperationspolitik zu ersetzen, stößt auf mächtigen
internen Widerstand innerhalb der USA und externer Verbündeter der USA... [Quelle:
voltairenet.org] JWD
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03.02.2019 00:00
Die Zerstörung der UNO durch den “Amerikanischen
Exzeptionalismus” Geschwächt
im Vergleich zu ihren russischen und chinesischen Konkurrenten, finden die
Vereinigten Staaten ihre historischen Reflexe wieder. Was die auswärtigen
Beziehungen betrifft, lassen sie nun die liberale Weltordnung fallen und kehren
zur Exzeptionalismus-Doktrin zurück. Indem sie ihr eigenes Engagement im
Sicherheitsrat in Frage stellen, haben sie gerade den Weg zur Dekonstruktion des
Völkerrechtes und zum Ende der Vereinten Nationen geebnet. Diese Entwicklung,
die die Westeuropäer überrascht und bestürzt, war von Russland und China
vorausgesehen worden, die sich darauf schon vorbereiteten. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
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